Beschreibung
Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit Aktiengesellschaften Schadensersatzansprüche aufgrund von Kartellverstößen gegen ihre Vorstände geltend machen können und inwiefern der Aufsichtsrat verpflichtet ist, diese Ansprüche durchzusetzen.
Die Arbeit kombiniert eine dogmatische und empirische Untersuchung. Schwerpunkt der dogmatischen Untersuchung ist die Haftung des Vorstands auf Schadensersatz nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG. Dabei liegt der Fokus auf der sich aus der Legalitätspflicht ableitenden Compliance-Pflicht des Vorstands und den grundlegenden Anforderungen an die Einrichtung eines Compliance-Systems. In Hinblick auf die Verantwortlichkeit des Aufsichtsrats nach § 116 S. 1 AktG i.V.m. § 93 Abs. 2 AktG liegt der Schwerpunkt auf der Überwachungspflicht des Aufsichtsrats, insbesondere hinsichtlich der Aufklärungsverantwortung bei schwerwiegenden Kartell-Compliance-Verstößen sowie der Pflicht zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen den Vorstand.
Die Grundlage der empirischen Untersuchung sind 22 börsennotierte Aktiengesellschaften, die zwischen den Jahren 2001 und 2021 mit einem Kartellbußgeld der Europäischen Kommission oder des Bundeskartellamts belegt wurden oder einem solchen durch Inanspruchnahme der Kronzeugenregelung entgangen sind. Im ersten Schritt untersucht die Verfasserin den Umgang mit den Kartellsachverhalten sowie das daraus resultierende Sanktionierungsverhalten der Gesellschaften. Die Feststellungen aus dieser Untersuchung sind Anlass dafür, im zweiten Schritt eine ausführliche Analyse der zeitlichen Herausbildung von Compliance-Systemen vorzunehmen.
Die Untersuchung zeigt auf, dass in der Praxis die Möglichkeit der Inanspruchnahme und Sanktionierung von Gesellschaftsorganen besteht und sich bereits erste Tendenzen erkennen lassen, die zu einer Änderung der Sanktionierungspraxis in der näheren Zukunft führen könnten.