Beschreibung
Das Konzerninsolvenzrecht unterliegt bislang keiner speziellen gesetzlichen Regelung. Dies führte insbesondere im Rahmen von grenzüberschreitenden Konzernsachverhalten zu einer enormen Rechtsunsicherheit bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts. Wegen der hohen praktischen Relevanz sind sowohl der deutsche als auch der europäische Gesetzgeber bestrebt, diesen Zustand zu ändern. Der Autor unterbreitet hierzu konkrete Gesetzesvorschläge. Hinsichtlich der gerichtlichen Zuständigkeit empfiehlt er auf supranationaler Ebene – entgegen der Mehrzahl der Stimmen in der Literatur sowie der gängigen Praxis – eine strikte Dezentralisierung durch zwingende Anknüpfung an den (sechs Monate vor Insolvenzantragstellung bestehenden) Satzungssitz des jeweiligen Rechtsträgers. Hierdurch wäre das im Insolvenzfall einschlägige Recht für die (potentiellen) Gläubiger vorhersehbar. Zudem würde dem missbräuchlichen forum shopping Einhalt geboten und die große Anzahl unliebsamer Sekundärverfahren vermieden. Lediglich bei Rechtsträgern, die ihren Satzungssitz (seit mehr als sechs Monaten) in einem Drittstaat haben, und bei natürlichen Personen soll weiterhin auf den Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen abgestellt werden. Auf nationaler Ebene will der Autor dem Insolvenzantragsteller die Wahl zwischen dem Insolvenzgerichtsstand des Schuldners und dem des herrschenden Rechtsträgers einräumen. Gibt es keinen herrschenden Rechtsträger oder befindet sich dieser im Ausland, soll für den Antragsteller die Wahl bestehen zwischen dem Insolvenzgerichtstand des Schuldners und dem Gericht, bei dem über das Vermögen eines anderen Rechtsträgers des Konzernverbunds die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt oder eröffnet wurde. Um auch bei Fremdanträgen eine Zuständigkeitskonzentration zu ermöglichen, soll die Möglichkeit bestehen, bis (spätestens) zur Verfahrenseröffnung eine Verweisung an das „Konzerninsolvenzgericht“ zu beantragen. Die Konzentration der verschiedenen Insolvenzverfahren in der Hand eines Verwalters erscheint dem Autor zwar erstrebenswert, aber insbesondere angesichts des von ihm auf supranationaler Ebene vertretenen dezentralisierenden Ansatzes praktisch schwierig umzusetzen. Um der wirtschaftlichen Realität eines Konzerns dennoch gerecht zu werden, will er vor allem das Instrument der Eigenverwaltung nutzen. Ihre Anordnung soll zwingend zu erfolgen haben, wenn sie in einem Hauptinsolvenzverfahren über das Vermögen eines beherrschten Rechtsträgers oder in irgendeinem Sekundärinsolvenzverfahren beantragt wird. Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Weisungs- und Kontrollrechte würde eine konzentrierte Verwaltung des gesamten Konzerns durch die Konzernmutter oder ihren Insolvenzverwalter ermöglicht.